Was hilft ein Gottesdienst?

Was hilft ein Gottesdienst? – Wer in die Kirche zum Gottesdient geht, der öffnet sich. Er ist bereit, seinem Innersten zu begegnen, seinen innersten Hoffnungen, dem, was er für wahr und falsch hält, dem, was ihm Kraft und Vertrauen schenkt und aus dem er immer wieder in schwierigen Momenten des Lebens einen neuen Anfang wagt. – Das ist es, was hier wirkt: der Glaube der Menschen und was er für ihr Leben bedeutet.

Wer in die Kirche zum Gottesdient geht, der stellt sich vor Gott. Das ist nicht nur ein Ausdruck für das Innerste, sondern auch für das Höchste. Die allgemeine Kultur macht jene Synthese nicht mehr, alles zusammen zu denken: die Erfahrungswirklichkeit und was uns unsere Intuitionen sagen – die Intuitionen auf Gerechtigkeit und Friede, die Hoffnung, dass das Leben gelingt. Nicht so im Glauben. Der richtet sich auf „Gott“: Das ist der Inbegriff der Wirklichkeit, das Geheimnis der Welt – und wir sind darin aufgehoben, so dass die innersten Intuitionen wahr werden und die tiefsten Hoffnungen sich erfüllen.

Schliesslich ist Kirche und Glaube auch noch in anderer Hinsicht „unmodern“: Sie bildet eine ganz andere Öffentlichkeit. Der Gottesdienst ist keine individuelle Veranstaltung, sondern öffentlich. Dort wird das Ereignis anders wahrgenommen und bewertet als in anderen Teilöffentlichkeiten, wo wir uns bewegen: Der Umgang in der Wirtschaft ist geprägt von Leistung. Dieses bewertet sich am Geschäftserfolg. Die politische Öffentlichkeit ist bestimmt von strategischem Verhalten. Interessevertreter suchen, vorbestimmte Ziele durchzusetzen. Es geht nicht um Wahrheitssuche, das Ziel steht schon fest. Man versucht nur, die Mittel zu finden und zu mobilisieren, damit der gewünschte Zweck erreicht wird.

Anders in der Kirche. Wer sich in einen Gottesdienst hineingibt, sucht nicht Einfluss wie in der Politik, er will nicht Marktanteile erobern wie in der Wirtschaft. Er will dem Innersten und Höchsten begegnen, sucht Orientierung und Ruhe für sein Leben, neue Kraft. Dafür ist er bereit, sich ganz zu öffnen, in völliger Wahrhaftigkeit sich zu begegnen, für das, was er von Gott erfährt.

Er richtet sich auf das höchste Ziel des Lebens aus: dass das Leben gelingen soll, nicht nur für ihn als einzelnen, sondern für alle. Seine Hoffnung ist, dass der Weg der Menschheit nicht ins Leere führt – wie viele heute fürchten, die davon sprechen, dass der Mensch die Schöpfung zerstöre -, sondern dass Gott auch unsere Geschichte, die Geschichte der ganzen Menschheit in Händen hält. Und was das Wort „Schöpfer“ nur schwach ausdrücken kann: Wer glaubt, lebt im Vertrauen, dass der ganze Kosmos, dass alle Wirklichkeit und alles, was uns darin begegnen kann, sei es Leben oder Tod, aus einer Kraft getragen wird und dass dieser Sinn, der dem Ganzen zukommt, sich auch an uns und unserem Leben erfüllt.

Ich bedanke mich bei meinen Leserinnen und Lesern im Blog „diesseits“.  Ich habe einen eigenen Blog aufgeschaltet, der sich vertieft mit der Frage beschäftigen soll, wie wir in der heutigen Situation von Gott reden können. Mitlesen unter https://vongotterzaehlen.ch

 

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9 Kommentare
  • Anita Ochsner
    Gepostet um 06:45 Uhr, 05. Oktober

    Den Beitrag habe ich jetzt noch nicht gelesen, früh am Morgen, vor der Arbeit alleine der Titel bringt mich auf hohe Spannung und Interesse! Nur den letzten Satz gelesen.
    Finde ich ganz toll, einen eigenen Blog aufgeschaltet zu damit sich Leute vertieft mit dieser Frage beschäftigen können. (Sie sind meines Wissen nach, der 2. der durch diesen Blog einen eigenen aufschaltet 🙂 ) Bin gespannt und freue mich alles zu lesen, heute Nachmittag.
    Einen guten Tag wünsche ich allen. Danke Herr Winiger.

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  • Reinhard Rolla
    Gepostet um 10:02 Uhr, 05. Oktober

    Wie hatte Jesus gesagt? „Wenn du BETEN willst, dann geh in dein KÄMMERLEIN und schliesse die Tür. Und dann und bete dort. zu deinem Vater, der im Verborgenen ist…..“

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    • michael vogt
      Gepostet um 13:51 Uhr, 05. Oktober

      was im tempel geschieht, war ihm aber alles andere als egal

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    • Alpöhi
      Gepostet um 17:49 Uhr, 05. Oktober

      Es geht ja beim Gottesdienst auch nicht ums Beten. Sondern ums miteinander Feiern – ums Gottesdienst feiern.

      Ich erlebe den reformierten GD oft eher „wortlastig“, wodurch das Feiern und die erlebte Gemeinschaft und das Innehalten eher zu kurz kommt. Schade. Vielleicht könnten wir das Reformationsjubiläum auch dazu verwenden, zu schauen was die Katholiken in ihren GD besser machen als wir.

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  • michael vogt
    Gepostet um 13:46 Uhr, 05. Oktober

    als kind war ich in einem weihnachtsspiel josef. der begann:

    in dieser stillen mitternacht
    ist weit und breit kein mensch erwacht

    die mystische tradition sagt, es komme vor, dass die seele in eine dunkle nacht gerät. sie verliert, was sie tags zuvor noch hatte. beim erwachen ist dann einiges anders. auch jesus, sagt sie, sei von seinem vater verlassen worden, damit er einsehe, dass es noch anders ist. statt einer differenzierten würdigung: in einem vorangehenden weihnachtsspiel war ich ein fuchs. der sprach:

    im stall ist’s mir zu helle
    ich hock mich auf die schwelle

    kommentare, die ich auch mal wieder löschen will, hier: https://www.facebook.com/zhrefch/

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  • Barbara Oberholzer
    Gepostet um 18:01 Uhr, 05. Oktober

    Lieber Peter, der Beitrag „Du bist schön“ auf deinem neuen Blog – WOW! Der ist bewegend, ergreifend, wahr. Einfach toll!

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    • Anita Ochsner
      Gepostet um 21:01 Uhr, 06. Oktober

      Ja, dieser Beitrag! Finde ihn auch sehr schön. Berührt und erinnert mich an das Warten und Schauen in der zürcher Bahnhofshalle. Die Beschreibung, wenn so viele Menschen da vorüberziehen und was es mit einem machen kann … und der Impuls überkam mich, diesen Text Jugendlichen vorzulesen, stelle mir so vor wie wir da ankommen in der Bahnhofshalle … , um die Bahnhofskirche zu besuchen. ? Wer weiss. (Vorlesen oder weitergeben – Natürlich mit Quellenangabe.)

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  • Andreas Imhasly
    Gepostet um 18:54 Uhr, 05. Oktober

    Ganz lieben Dank für diese mutige Würdigung des GoDi.es, in einer Zeit, in der soviele meinen, sie müssten sich am Schlechtreden der GoDipraxis beteiligen und sie hätten überaus viel Grund dazu. Ja, es gibt Grund und Anlass genug dazu: eine alte Stube lässt sich eben nicht so leicht in ein modernes zeitgefühl-konformes Wohnzimmer verwandeln, auch bei radikaler Demöblierung nicht!
    Die Chancen neu sehen, sie gegenwärtig machen mit Worten, Geste, der eigenen Sehnsucht nicht ausweichen wollen, die alte Schatztruhe öffnen und ihr eine Auslege-Ordnung gönnen und so entdecken, was in dieser Tradition unserer Kirchen noch für unser Leben heute „taugt“ …. ich freue mich über jeden Beitrag der sich nicht mit der Abrissbirne begnügt und dann grossmäulig vom „Verrecken“ der Kirche schwätzt…. Ich freue mich auf Ihren blog, Herr Winiger! Sonnige Herbsttage

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  • Corinne Duc
    Gepostet um 23:52 Uhr, 06. Oktober

    Ist natürlich immer schön, wenn Menschen Sinn und Geist öffnen können.
    Aber die Gegenüberstellung von „in der Kirche“ und „anderswo“ mutet ein bisschen an wie: „bei uns: nur das Beste; anderswo: nur das Übl(ich)e“.
    Was hilft ein Vergleich von frischen Früchten mit faulen oder ausgetrockneten Karotten?

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