Der Hundespaziergang als geistliche Übung
Es regnet und windet, die Blätter sind von den Bäumen abgefallen. Pfützen und nasse Sträucher – es ist November. Ideales Wetter für einen Golden Retriever, auch für den Unsrigen mit dem dänischen Namen Ørding. Ich staune nicht schlecht, auf wie viele Hundehaltende ich bei meinen Spaziergängen mit ihm in Zürch-Aussersihl stosse. Selbst in der Mittagspause sind viele mit ihren Vierbeinern kurz unterwegs, um ganz bewusst eine Pause zu machen und um ihrem Hund die Möglichkeit zu geben, sich zu „erleichtern“. Ich kann es so gut verstehen, dass sie auf diese Rundgänge nicht verzichten wollen – ganz nach dem Motto von Loriot: „Man kann auch ohne Mops leben, aber es ist sinnlos.“
Von unseren Hunden können wir für den Alltag eine Menge lernen – davon bin ich überzeugt: Egal, wie es dem Hundehalter geht, ein Hund liebt sein „Frauchen“ oder „Herrchen“ und kommt schwanzwedelnd auf sie zu. Denn ein Hund lebt augenblicklich im Hier und Jetzt: Nur jetzt will das Tier fressen, nur jetzt will es spielen oder toben. Vieles, was ich selbst in unzähligen Kursen versucht habe zu lernen , um es in den Alltag bewusst zu integrieren – von einem Hund kann ich das bereits lernen: Ganz und gar im Augenblick, im Hier und Jetzt zu leben – nicht im Gestern bleiben oder schon im Morgen sein. Und so drückt es ein Mystiker mit Namen Thomas Merton aus: „Man findet Gott nicht, indem man die Gegenwart gegen die Zukunft oder die Vergangenheit abwägt, sondern nur, indem man sich in das Herz der Gegenwart sinken lässt, so wie sie ist.“
In Hunden schlägt dieses „Herz der Gegenwart“, weil sie augenblicklich leben. Dieses „Herz der Gegenwart“ suchen wir Pilgernde, Meditierende und Sinnsuchende mit unterschiedlichen Techniken und Übungen, um es in uns selbst zu finden. Manchmal gelingt das für einen kurzen Augenblick, wenn überhaupt, ist das ein Geschenk. Aber an unseren Hunden sehen wir, dass es möglich sein kann. Wir sind durch unsere Vierbeiner stets daran erinnert. So verstanden ist ein Hundespaziergang auch eine geistliche Übung im Alltag.
Marianne Lauener-Rolli
Gepostet um 10:15 Uhr, 29. NovemberWie wahr, lieber Michael, Tiere und kleine Kinder können uns in Sachen „Herz der Gegenwart“ grosse Vorbilder sein. Was ich heute Morgen bei Wüstenvater Arsenios gelesen habe, gibt mir einen weiteren Impuls, wie mein Herz besser in der Gegenwart bleiben kann: “ Sei nicht zu vielen Dingen geneigt. Davon wird der Geist nur verwirrt und verliert seine Ruhe.“ – eigentlich wüsste ich ja wie…
Anita Ochsner
Gepostet um 22:42 Uhr, 02. JuniWie wahr, möchte dem auch beipflichten. Dieses „Herz der Gegenwart“ es liegt ja in uns, oft bei Kindern zu „sehen“, wenn man sie denn auch in Ruhe im Spielen und Entdecken verweilen lässt. Und mit einem Hund unterwegs zu sein in täglichen Spaziergängen, Wanderungen… sich wieder darin zu finden. Nicht zuletzt ist ein Hund auch ein wunderbarer Begleiter „Herzensplätze“ in der Natur zu finden, und hier zu verweilen, um sich, wie so schön gesagt, „in das Herz der Gegenwart sinken zu lassen, so wies`s grad ist“. In diesem Raum ob`s regnet, windet, die Sonne scheint oder schneit .. ;-). Vielen Dank für den Bericht! 🙂 Bis heute ich hier meinen Kommentar dazugebe, war ja seit erscheinen dieses Beitrags schon „ganz viel Wetter“ draussen! und Gelegenheiten mit Hund ….