Die weibliche Seite Gottes
Am Fest der Ausgiessung der Heiligen Geistkraft; -hebräisch Ruach -, auf die Jünger und Jüngerinnen Jesu; -an Pfingsten also, besuchte ich im kleinen, doch feinen Jüdischen Museum in Hohenems / Vorarlberg die Ausstellung «Die weibliche Seite Gottes». Mittels eindrücklicher Artefakte und erläuternder Texte wirft sie einen kritischen Blick zurück auf die Quellen, aus der sich die Idee des Monotheismus; des Eingottglaubens also speiste, bringt die göttlichen Paare der biblischen Umwelt in Erinnerung wie Isis und Osiris, Astarte und Jahwe und lenkt den Blick auf traditionelle Bilder des Weiblichen in der religiösen Tradition. Die Vorstellung des „einen Gottes“ brach mit dem Pluralismus „heidnischer“ Götter und Göttinnen, Idole und Ahnenkulte. Mit der Idee eines einzigen, bildlosen Gottes stand auch die Bindung des Heiligen an die Polarität der Geschlechter zur Disposition.
Zu entdecken gibt es neben Adams erster Frau Lilith verborgene und verdrängte Überlieferungen alternativer Vorstellungen des Göttlichen. So die Figur der „Chockmah“, der Weisheit, welche in der jüdischen Mystik, der Kabbalah, eine wichtige Rolle spielt. Oder die „Schechina“, die Immanenz Gottes. In der jüdischen Theologie bezeichnet sie die ”Wohnstatt” Gottes, die als Inbegriff der Gegenwart Gottes bei seinem Volk verstanden werden kann. Von seinem Ursprung weist der Begriff auf die Wüstenzeit zurück: Gottes Gegenwart manifestiert sich in seinem Zelt und der darin aufgestellten Bundeslade mitten unter dem Volk.
Die Möglichkeit einer weiblich definierten Dimension Gottes blitzt in der hebräischen Bibel, in ausserkanonischen Schriften und in der rabbinischen Literatur immer wieder auf. Explizit lebt sie vor allem in der jüdischen Mystik fort – um im 20. Jahrhundert folgenreich wiederentdeckt zu werden; in der jüdischen, christlichen wie muslimischen feministischen Theologie wie auch in der daraus resultierenden Praxis einer liturgischen Sprache etwa, wo weibliche Gottesbilder wieder ihren gebührenden Platz erhalten.
Zur Webseite der Ausstellung, es findet auch ein ausführliches Rahmenprogramm mit Vorträgen und Führungen statt: Eine der beiden Kuratorinnen, Dr. Felicitas Heimann-Jelinek, ist dieses Frühjahrssemester Sigi Feigel-Gastprofessorin für Jüdische Studien am Religionswissenschaftlichen Institut der Universität Zürich. Sie hält am Montag, 19. Juni 2017, 19.00 Uhr an der ETH Zürich, RZ 21, Clausiusstrasse 59, 8006 Zürich einen Vortrag unter dem Titel: „Die weibliche Seite Gottes als Herausforderung“. Weitere Informationen:Links und Veranstaltungen zum Thema:
http://bit.ly/2sjfhmd
http://bit.ly/2sT4SdZ
Barbara Oberholzer
Gepostet um 07:46 Uhr, 13. JuniNein, nicht falsch, schlecht oder langweilig! Sondern inspirierend, spannend und vor allem ein Muss für jede Theologie, die meint, ohne Religionswissenschaften existieren zu können.
Angela Wäffler-Boveland
Gepostet um 08:18 Uhr, 13. JuniVielen Dank für den Tipp! Die Ausstellung werde ich sicher ansehen!
Verena Thalmann
Gepostet um 17:14 Uhr, 19. JuniInteressanter Text und Informationen. Danke für den Hinweis des Vortrags vom 19. Juni — werde gerne hingehen.