Gott skypt
Hausbesuche gehören zum schönsten Teil des Pfarrerberufs. In diesen Adventstagen sind sie besonders gefragt.
Ich sitze in einer rustikalen Küche mit altem „Schüttstein“ aus Grossmutters Zeiten. Mir gegenüber sitzt eine ältere Frau, gezeichnet durch ihr Leben. Zwei Kinder hat sie alleine grossgezogen. Voller Stolz zeigt sie mir ihre Zimmer, die nur von einem einzigen kleinen Ofen erwärmt werden. Das Holz bekommt sie von der Stadt.
„Ich bin dankbar für das, was ich habe, mir fehlt es an nichts.“ Sie erzählt von ihrer Tochter, die vor Jahrzehnten ausgewandert ist und glücklich mit ihrem Mann in einem wunderschönen Häuschen nahe am Meer lebt. Plötzlich beginnen ihre Augen zu leuchten: „Wissen Sie, Herr Pfarrer, bis gestern war sie zu Besuch. Und da hat sie mir ein Tablet geschenkt.“ „Was hat Sie Ihnen geschenkt?“, frage ich neugierig. „Ja, kennen Sie denn das nicht? Ein Tablet. Und jetzt, stellen Sie sich vor, jetzt kann ich mit ihr reden und sehe sie auch noch. Soll ich es Ihnen zeigen? Oh, Sie haben sicher keine Zeit und ich möchte Sie nicht länger mit meinen Geschichten vollschwatzen.“
„Nein, zeigen Sie mir Ihr Tablet.“ Ich schmunzle: Da stehen wir in einer der ältesten Wohnungen der Stadt und eine über 80-jährige Frau nimmt eines der modernsten Geräte in die Hand und hat mit zwei Griffen die Verbindung zu ihrer Tochter hergestellt: „Schau, wer mich soeben besucht!“
„Ah, Sie kenne ich. ich war vor der Kirche, als der Dalai Lama bei Ihnen war.“ „Und nun bin ich bei Ihrer Mutter, was ich gerade genauso spannend finde.“
„Ah, Mami, wie schön für dich! Gut zu wissen, dass dich der Pfarrer besucht. Danke Ihnen!“
Wir sitzen wieder am Tisch und beim Kaffee. „Ist das nicht verrückt? Ich schalte das Tablet ein und bin sofort weit weg in einem andern Land.“ „…wie im Advent: Gott schaltet sich ein und ist sofort weit weg vom Himmel in der Krippe, in einem anderen Land und einer anderen Stadt.“, denke ich laut. „So habe ich es noch nie gesehen: Gott skypt also auch! Kommen Sie bald wieder, Herr Pfarrer, dann skypen wir weiter!“
Wie schön, wenn im Alltag der sichtbar wird, den wir am Sonntag ankündigen.
Christoph Sigrist
Barbara Oberholzer
Gepostet um 06:22 Uhr, 14. DezemberOooh, ist das ein schöner Beitrag ? ! Und eine Hommage an die Seelsorge ohnegleichen. Es gibt nichts Schöneres, als Menschen zu begegnen und darin Gott zu entdecken – technikaffin natürlich, das ist klar ?! Hammer!
Anita Ochsner
Gepostet um 11:06 Uhr, 15. DezemberDieser Beitrag erinnert mich an einen ehemaligen Mitarbeiter. Er gehörte zum „Alltags-Unterstützungs-Team“ im Haus. Er verstand es in besonderer Weise Alltägliches mit
echten Bedürfnissen zu verbinden. Z.B. `beim Unterstützung darin geben, die Post anzuschauen. Dies nicht einfach drinnen zu machen, sondern diese „simple“ Handlung draussen an der Sonne auf der Bank mit dieser zu tun. An der Sonne sitzen draussen sein, war ein grosses Bedürfnis dieser. Da war auch skypen… im Alltag.
Oder wie es eine andere Bewohnerin ausdrückte, in der Vorfreude zum Einkaufen: „Weisch mit em „Toni“ isch`s immer so schüü“.
Uns Pflegende freuts dann immer auch, den Leuten in Schuhe und Jacken zu helfen, in Aussicht für eine gute Zeit! Auch wenn wir selbst nicht dabei sein konnten. Seelennahrung auf allen Seiten.