I can’t keep quiet – eine studentische Perspektive
Auch ich war heute morgen bei der Aktion vor dem Grossmünster dabei, um zusammen mit anderen AktivistInnen im Rahmen der internationalen „We can’t keep quiet“- Bewegung ein Zeichen für Freiheit und Gerechtigkeit zu setzen.
Worum geht es mir eigentlich?
Warum es mir wichtig sei, nicht still zu sein, sondern mit vielen anderen zu demonstrieren und für Frauen*rechte und Frauen*anliegen einzustehen, wurde ich gefragt. Ja warum eigentlich? Man könnte doch sagen, dass es mir eigentlich ganz gut geht im Jahr 2017 als Studentin der reformierten Theologie. Ich kann studieren, werde gleichberechtigt behandelt wie meine männlichen Kollegen und kann sogar Pfarrerin werden. Was will ich denn eigentlich noch mehr?
Zuerst erachte ich es als wichtig zu erwähnen, dass es sich bei dieser Aktion um eine Solidarisierung mit der internationalen Frauenbewegung handelt. Wie würde eine Welt aussehen, wenn wir uns immer nur dafür einsetzen würden, worin wir höchstpersönlich benachteiligt sind? Weiter geht die Aktion über die reinen Frauen*rechte und Frauen*anliegen hinaus. Im Fokus stehen gleichzeitig das Einstehen für Rechte und Anliegen von LGBTQ* sowie ein Zeichen zu setzen gegen rassistische Migrations- und Grenzpolitik und für ökologische Anliegen. Themen also, die auch mich als Schweizer Studentin doch wirklich nicht ganz kalt lassen sollten.
Privilegierte Situation!?
Die Situation, in der ich mich befinde, ist eine privilegierte Situation. Dass es mir so gut geht, verdanke ich einer grossen Vorarbeit engagierter, aktiver Frauen, die mir diese Privilegien hart erkämpft haben. Aber fühlt sich die Situation für mich als Theologiestudentin wirklich so rosig an, dass ich sagen könnte, eigentlich bräuchte es in den Kreisen, in denen ich mich bewege, keine aktive Auseinandersetzung der Theologie und Kirche mit feministischen Themen mehr? Dem wage ich laut zu wiedersprechen.
Unreflektierte Muster
Im Alltag innerhalb der Fakultät scheint das Wissen über die kirchliche Frauenbewegung bei den Studierenden sowie bei den Dozierenden in Vergessenheit geraten zu sein. Auch das Interesse an feministischer Theologie hält sich gering und dessen Wichtigkeit wird immer mal wieder gerne in Frage gestellt.
Die Vorlesungen sorgten diesbezüglich in den letzten drei Jahren leider ebenfalls für wenig Gegenwind. So wurde beispielsweise zwar knapp über die Frauen der Reformation und die Befreiungstheologie gesprochen, feministische Theologie sowie die ganze Frauenbewegung der letzten 200 Jahre ist mir bisher leider nie begegnet. Für die eigene Identität als Frau innerhalb der Theologie erachte ich dies als fatal, ebenso auch im Zusammenhang mit der Auseinandersetzung aller Studierenden mit der genderspezifischen Rollenverteilung. Vor allem wenn ich beobachte, dass traditionelle Rollenmuster unreflektiert wieder Einzug halten. Bei diesen Wahrnehmungen kann und will ich nicht ruhig sein. Solange ich das Gefühl haben muss, klarzustellen, dass es sich bei meiner Aktivität für Feminismus nicht um einen Männerhass handelt, solange mir an die Ohren dringt, dass die Ordination von Frauen in Frage gestellt werden kann und solange ich immer mal wieder über die Sündhaftigkeit von Homosexualität diskutieren muss, bin ich nicht ruhig.
Ein Bewusststein dafür zu entwickeln, was für eine Rolle uns oftmals automatisch aufgrund unserer Genderidentität zugewiesen wird und wie sich diese innerhalb der Geschichte verändert hat und auch gegenwärtig verändert, erachte ich für alle Studierenden – nicht nur die Frauen – als absolutes Must. Nur so kann reflektierte, respektvolle, zu Freiheit befreiende Theologie betrieben werden. Ausserdem kann mich das Thema Gerechtigkeit auch hinsichtlich meiner beruflichen Zukunft im Pfarramt nicht kalt lassen – insbesondere wenn ich Familienpläne oder Ambitionen auf eine Leitungsfunktion habe.
Wahrnehmung der Kirche
Zu guter Letzt spiegelt mir auch mein nicht-kirchlicher Freundeskreis die Wichtigkeit für mehr Stellungnahmen der Theologie zu Themen der Gerechtigkeit, Gleichstellung und Respekt. So erlebe ich immer wieder, dass der christliche Glaube eher mit Diskriminierung und Engstirnigkeit in Verbindung gebracht wird als mit den oben genannten Werten. Sicherlich könnte dies durch die Geschichte, negative Erfahrungen und Kirchenferne erklärt und die Verantwortung diesen Personen zugeschoben werden, sich umfassender zu informieren. Jedoch erachte ich dies auch als Erwartung an uns, die Vertreter und VertreterInnen* der Kirche, die Veränderung dieser Wahrnehmung, was Kirche ist und sein kann, aktiv mitzugestalten.
Fotos von der Solidaritätsaktion vom 8.3.17 vor dem Grossmünster und Zwingli (flickr) Schweizerisches Aktionsbündnis Pussyhat Project InternationalLinks zum Thema:
http://bit.ly/2mAHRvu
https://www.cantkeepquiet.ch
https://www.facebook.com/wecantkeepquietCH
https://www.pussyhatproject.com
Catherine McMillan
Gepostet um 13:29 Uhr, 08. MärzBravo! Danke für den Spiegel, den du uns vor Augen hältst.
Sibylle Forrer
Gepostet um 14:35 Uhr, 08. MärzDanke, liebe Laura, für deinen grossartigen Beitrag – hier auf diesseits und heute Morgen vor Ort!
Laura Klingenberg
Gepostet um 14:51 Uhr, 08. MärzDanke euch! War super!:)
Barbara Oberholzer
Gepostet um 14:59 Uhr, 08. MärzIch freu mich total über diesen Beitrag und hoffe, ich lese noch ganz viel von dir ?!
Esther Gisler Fischer
Gepostet um 18:04 Uhr, 08. MärzIch habe dich vermisst liebe Barbara!
Barbara Oberholzer
Gepostet um 18:23 Uhr, 08. MärzWar an der DekanInnenkonferenz! Frau auch da nötig ??
Barbara Oberholzer
Gepostet um 18:31 Uhr, 08. MärzUnd hab keinen Pussyhat … ☹️
Esther Gisler Fischer
Gepostet um 18:21 Uhr, 09. MärzHab‘ auch keinen! War mit einer roten Kappe dort, denn etwas Sozialismus muss bei mir immer drin sein.
Esther Gisler Fischer
Gepostet um 19:17 Uhr, 08. MärzJa klar; wunderbar!
Barbara Oberholzer
Gepostet um 05:59 Uhr, 09. MärzAnd couldn’t keep quiet ?
Hans-Peter Geiser ZH Pfarrer, Dr. theol. M. Div.
Gepostet um 15:33 Uhr, 08. MärzI Can’t Keep Quiet 8 März 2017 – Intern. Frauentag Grossmünster / Zwingli „im Amt“ ZH + Theologie Uni Zürich 2017
Im Grunde tragisch, was man hier über eine Theologie an der Uni ZH – längst auch die meisten anderen CH Unis – lesen muss.
Erstaunen tut es mich wenig.
Erstaunen tut mich allerdings umso mehr, dass man immer wieder an solchen bald ins lächerliche gleitenden „kirchlichen Kleindemonstrationen vor dem Zürcher Grossmünster und Zwinglis Statue voller Bibel und Schwertgewalt …“
„I Can’t Keep Quiet“ am internationalen Frauentag die immer wieder gleichen Gesichter – selbst im Zürcher Talar – zu sehen bekommt.
Die gleichen kirchlichen Gesichter …. – ZH Kilchberg und ZH Kirchenrat – die sozialethisch in einer ZH Kirche nicht die geringsten Empfindungen für die realen Zerbrüche anderer erspüren …
Fotogalerie Link I Can’t Keep Quiet ZH Grossmünster / Zwingli 8 März 2017.
Die gleichen Gesichter, die – in Mangel jeglichen Feminismus oder jeglicher Befreiungstheologie – trotz Zwinglis „farbiger Kappe“ mit „Schwert“ hemmungslos andernorts über Leichen gehen.
Tragisch für eine Uni Zürich, tragisch fürs heutige CH Pfarramt.
Pfr. Hans-Peter Geiser Dr. theol. M. Div.
feministischer Befreiungstheologe
seit 30 Jahren
Buchpublikation 2013 USA
CH USA
… Links …
Theo-Global M 079 439 34 36
nebst
Urban Spirit – ein Kreativprojekt
michael vogt
Gepostet um 17:29 Uhr, 08. Märzerfreulich, von studentischer seite in einem blog etwas zu hören. und in welcher reife! die mir bekannten internetdiskussionen sind von diesen stimmen völlig „frei“. verschulung oder weisheit? besonders gefällt mir die lila kappe rechts im bild https://www.flickr.com/photos/zhrefch/33280535816/in/album-72157677767080583/lightbox/. ihre ruhe bestärkt mich im folgenden gedanken: seit 1974 bin ich auf dogmatik spezialisiert. beim stichwort „genderidentität“ stellt sich mir die frage, wie reduktionen aller art sich auf die ursache des lebens auswirken.
Esther Gisler Fischer
Gepostet um 19:18 Uhr, 08. MärzGur gebrüllt Löwin Laura: Danke dir!
Roland Portmann
Gepostet um 16:39 Uhr, 21. MärzDanke für den Beitrag und auch für das Engagement: Frau und Mann muss diese Anliegen sichtbar machen! Der Pussyhat ist da sicher ein gutes Symbol/Logo!
Was mir aber ein bisschen fehlt, sind die politischen Konsequenzen. Viele Feministinnen der ersten Stunde beklagen sich, dass die heutige Bewegung zu unpolitisch sei (siehe die Diskussion um die AHV): Vorstösse in der Synode oder gar im Kantons- oder Nationalrat wären dringen nötig…
Esther Gisler Fischer
Gepostet um 19:34 Uhr, 22. AprilLiebe Laura
Dein Beitrag geht mir nict aus dem Sinn, weshalb ich ihn nun wiederum gelesen habe. In den späten 80er und frühen 90er Jahfen habe ich an der Uni Freiburg/CH für die Einrichtung eines feministischen Lehrauftrags gekämpft. Ob es den überhaupt noch gibt, entzieht sich meiner Kenntnis. Nach meiner Überquerung des konfessionellen Jordans geniesse ich die Ausübung meiner Definitionsmacht In Wort und Tat gemäss meines Ordinationsgelübdes in vollen Zügen. Dennoch irritiert bis befremdet mich die offensichtliche Ächtung feministischer Theologien an der Theol. Fakultät der Uni Zürich.In einer Weiterbildung musste ich mir auch schon einen Vortrag anhören mit dem haarsträubenden Titel „Die Herrlichkeit des Gekreuzigten“. Gerne erfahre ich deine Meinung, ob du die offenbar gerne zelebrierte hegemoniale Theologie als epistemisch Gewalt klassifiezieren würdest, wie sie mir aus postethnischen und -kolonoalen Diskursen bekannt ist.
Mit bestem Dank für deine gelenegtliche Rückmeldung ind er Sache grüsse ich dich freundlich
Esther.
Esther Gisler Fischer
Gepostet um 13:15 Uhr, 12. AugustSchade, hast du dich nie gemeldet!