Plänemacher

Ich bin Projektleiterin bei der reformierten Kirche und mit einem IT-Projektleiter verheiratet. Kürzlich sah sich mein Mann den Batman-Film „Dark Knight“ an und zeigte mir danach folgende Szene. Der Bösewicht Joker, grandios gespielt vom inzwischen verstorbenen Heath Ledger, äussert sich darin zum Thema Projektmanagement (im Clip von 0:37 bis 1:15, direkter Link https://youtu.be/1bvgEwHa8nw?t=37s ):

Ich gehöre zwar eindeutig zu den Schemers (Plänemachern), habe aber echte Sympathien für Jokers Ansatz. Mag sein, dass in einer grossen Verwaltung ein gutes Projektmanagement benötigt wird, dass Meilensteinplanung, Budgetkontrolle, Risiko-Analyse und Reporting unverzichtbar sind. Mag sein, dass der Einbezug aller Interessen- und Anspruchsgruppen zu einem möglichst frühen Zeitpunkt wesentlich zur Akzeptanz einer angestrebten Neuerung beiträgt. Am Ende garantiert eine Planung nach Lehrbuch viele Überstunden und einen Aktenberg, aber keinen Erfolg. Denn unsere schöne, komplizierte Welt schert sich keinen Deut um unsere clever ausgetüftelten Pläne. Längst nicht alles, was sauber konzipiert ist, kommt zum Fliegen!

Und damit nicht genug: Selbst wenn das Projekt Erfolg hat, frisst die akribische Planung so viele Ressourcen, dass andere sinnvolle Projekte das Nachsehen haben. Oder beim ersten Praxistext stellt sich heraus, dass schon am Anfang der Planung ein Denkfehler gemacht wurde und die Projektgruppe von vorne beginnen muss. Wie viel attraktiver scheint da die „Just do it“-Mentalität von Joker! Warum gehen wir nicht öfter das Risiko ein, etwas kurzerhand auszuprobieren und wieder zu beenden, falls es nicht klappt? Warum brauchen wir das Gefühl der Sicherheit, Planbarkeit und Kontrollierbarkeit? Ginge es nicht sehr viel einfacher, direkter, unkomplizierter? Ersticken wir nicht den Unternehmergeist mit unseren bürokratischen Strukturen?

Ja, das tun wir. Aber mal ehrlich: Wollen wir auf diese Strukturen wirklich verzichten? Es ist so viel einfacher gesagt als getan. Wir träumen von der „Just do it“-Mentalität, aber wenn wir ihr begegnen, nehmen wir Reissaus. Wir finden sie nur gerade solange toll, bis wir selbst bei der Planung übergangen werden. Warum wurde ich nicht informiert? Wieso hat man mich nicht eingebunden? Ist der Projektleiter schon wieder mit einer unausgereiften Idee vorgeprescht?

Es ist offensichtlich: Ich bin und bleibe ein Schemer. Aber ich lasse mir gerne ab und zu zeigen, wie erbärmlich unsere Versuche sind, die Dinge zu kontrollieren – im Film und im echten Leben.

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2 Kommentare
  • Felix Geering
    Gepostet um 09:36 Uhr, 08. November

    In der heutigen Zeit mit Prozessmanagement, Qualitätsmanagement, Sicherheitsmanagement, xy-management muss alles jederzeit dokumentiert werden können. Da kommt man ohne akribische Dokumentation nicht aus. Und akribische Dokumentation beginnt bei akribischer Planung.

    Natürlich werden Projekte damit nicht besser oder erfolgreicher. Aber man kann dafür dokumentieren, warum sie nicht erfolgreich waren. Das ist kein Witz. Die Dokumentationen werden fast nur bei erfolglosen Projekten zur Rechtfertigung benötigt.

    Wir können auch „aus dem Bauch heraus“ arbeiten, mit Zuhilfenahme der Intuition. Die trifft oft ins Schwarze. Dummerweise nicht immer.

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  • Eveline Betz
    Gepostet um 15:02 Uhr, 08. November

    In der Tat garantiert Planung keinen Erfolg…aber Planlosigkeit wohl eher Misserfolg…. oder wie Albert Einstein einst so schön formulierte: Planung ersetzt den Zufall durch Irrtum….
    Unvorhergesehenes oder Irrtümer in Projekten sind normal; aber man sollte sich doch Gedanken machen, wie mit diesen „Irrtümern“ umgegangen wird.
    Ich glaube eine gute Kombination ist zielführend: soviel Planung wie nötig und den Mut (bzw. das Vertrauen) auf „zu viel“ Sicherheit und Kontrolle zu verzichten – eben „just do it“!

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