Sackgassen des öffentlichen Christentums

Dass Religion heute im Westen als „Privatsache“ behandelt wird und Mühe hat, im öffentlichen Gespräch um die Gestaltung von Staat und Wirtschaft mitzureden, das ist aus der jüngsten Geschichte zu verstehen. Dass das Christentum seine Traditionen nicht mehr mit den Denkmitteln der Kultur plausibel machen kann, und so zu einer Art von „Aberglauben“ degenerierte, ist aus dieser Geschichte erklärbar.

Dass der Glaube bei der Entwicklung von Kindern und Jugendlichen und bei der Formung von Identitäten nicht mehr wesentlich beteiligt ist, ist für die Zukunft dieser Gesellschaft aber unannehmbar. Ohne Verankerung in einer auch religiösen Kultur gibt es keine wirkliche Integration, weder in einer Gesellschaft noch als Selbst-Integration einer Persönlichkeit.

 

Blick zurück

Nach dem letzten Weltkrieg wurde nicht nur die UNO als Friedensinstrument gegründet, auch weltanschaulich suchte man nach einer neuen Ordnung, um die Gräuel von Faschismus und Kommunismus zu überwinden und ein neues Abgleiten in totalitäre Systeme auszuschliessen.

Der vor den Nazis nach England emigrierte österreichischen Philosophen Karl Raimund Popper hat damals ein Konzept entworfen, das für viele Jahre wegweisend blieb. 1945 veröffentlichte er das Buch „Die offene Gesellschaft und ihre Feinde“. Und noch heute, wenn Politiker angesichts fundamentalistischer und islamistischer Angriffe gefragt werden, was denn die Wertebasis des „Westens“ ausmache, berufen sie sich auf die „offene Gesellschaft“, wie Popper sie konzipiert hat.

 

Die offene Gesellschaft

Popper unterschied nicht zwischen Stalinismus und Faschismus, sondern analysierte beide unter dem Titel „Totalitarismus“. Das Übel beruhte demnach auf einer Weltanschauung, die sich selber total setzte. Ihre Parteigänger fühlten sich in ihren Erkenntnismöglichkeiten derart sicher, dass sie Widerstrebende zu ihrem Glück zwingen und sich selber als „Vorhut der Geschichte“ begreifen konnten. Der konkrete historische Gang liess sich dann revolutionär abkürzen, denn alle Diskussionen um Ziele oder Wege der menschlichen Gemeinschaft waren schon abschliessend in der Ideologie beantwortet.

Die Schlussfolgerung für die Zukunft konnte nur lauten, den Skeptizismus gegen solch totalitäre Entwürfe zur Staatsmaxime zu machen. Die Gewaltenteilung musste bis ins Denken hinein fortgesetzt werden. Es durfte nicht geschehen, dass eine Weltanschauung allein das öffentliche Leben dominierte, denn alle Erkenntnis tendierte zur Absolutsetzung. Die menschliche Vernunft will zwar immer eine Synthese und fragt nach dem höchsten Einheitsprinzip aller Wirklichkeit, dieser dialektischen Vernunft wurde aber jetzt jeder eigenständige Erkenntniswert abgesprochen.

 

Der Weg der Erkenntnis

Der „kritische Rationalismus“, wie ihn Popper auch wissenschafts-theoretisch vertrat, zeichnete ein Bild des Erkenntnisfortschritts, wo der Vernunft nur die Aufgabe zukam, spontane Hypothesen zu bilden. Der Erfahrung kam es dann zu, diese Hypothesen zu prüfen. Was die Erfahrung verwarf, war ausgeschieden, was sie nicht widerlegte, galt bis auf weiteres, aber ohne eigenständigen Erkenntnisanspruch.

Ähnliches galt für die politische Debatte im sogenannten Pluralismus. Die Weltanschauungen waren alle im politischen Prozess beteiligt, sie hatten aber zum vornherein nur den Status einer Hypothese. Mit jeder Wahl wurde ihr Zukunftsentwurf falsifiziert oder bis auf weiteres stehen gelassen.

 

Gewollter Relativismus

„Pluralismus“ nach Poppers Konzept meint nicht die Tatsache, dass sich in einer multikulturellen Welt verschiedene Weltentwürfe gegenüberstehen. Es zieht eine normative Folgerung daraus: der Pluralismus, die Relativität von Weltanschauungen, wird zu einer Staats-Maxime. Sie werden einander gegenübergestellt, um ihre potentiell totalitären Folgen schon im Ansatz zu neutralisieren.

 

Das entspricht dem Weg der westlichen Verfassungs-Entwicklung. Die Religionskriege wurden im 17. Jh. beendet, indem die konkurrierenden Ansprüche der Konfessionen paritätisch anerkannt wurden. So konnten sie auf Reichsgebiet nebeneinander koexistieren. Nach dem Untergang des Reiches ging diese Parität als Grundsatz der Neutralität in die Gesetzgebung der Einzelstaaten ein.

 

Religionskritik und Verfassung

Insofern beruht die Befriedung der westlichen Gesellschaften unter den Bedingungen konfessioneller Konkurrenz auf einer institutionalisierten Religionskritik in der Verfassungstradition.

Im Pluralismuskonzept wird diese Lösung aber nochmals radikalisiert. Die totalitären Gräuel auf der einen Seite schaukeln auch die skeptizistische Kritik auf der andern Seite in die Höhe. Da ist nicht mehr die liberale Hoffnung, dass die politische Diskussion nach dem Vorbild des Marktwettbewerbs die beste Lösung herausarbeite. Da kommt es nur noch darauf an, die Lösungsentwürfe, die in sich alle notwendig falsch sind, gegeneinander zu neutralisieren, um totalitäre Übergriffe zu vermeiden.

 

Ein Staat ohne Begründung

In diesem Konzept wurde der Faschismus im Sinn einer Totalitarismuskritik verarbeitet , die auch den Stalinismus einbezog und dabei bis zu einem erkenntnistheoretischen Skeptizismus fortschritt. Ein Rückfall sollte verhindert werden durch ein Verfassungskonzept, das nicht selber wieder auf Begründungen beruhte, sondern nur in einer „balance of power“ der Weltentwürfe bestand.

Auf das Übermass an Geltung in den Staatsentwürfen der „rechten“ und „linken“ Ideologien folgte ein Übermass an Relativierung im Pluralismuskonzept, das jedem Geltungsanspruch misstraut. Dieser Entwurf kann sich nicht selber positiv begründen, sondern lebt von der Abwehr totalisierender Wahrheitsansprüche.

Die weltanschauliche Neutralität des Staates, im Zeitalter der Konfessionskriege erworben, wird im Zeitalter des Totalitarismus zu einem Pluralismus von Staatsentwürfen – eine Art Notwehr-Verfassung, die das Ziel von Freiheit und Frieden nur noch negativ umschreiben kann im Waffenstillstand ideologischer Gegner.

Hier wird die Religionskritik institutionalisiert, indem Religion als Urbild totalitär-dogmatistischer Übermarchung wie eine der Ideologien behandelt wird – und das heisst von Verfassungswegen aus dem Anspruch auf Gestaltung des öffentlichen Raumes ausgeschlossen. Religion gehört in den Privatbereich. Will sie in der staatlichen Öffentlichkeit tätig werden, ist sie auf den Weg der pluralistischen Konkurrenz mit anderen Weltdeutungen verwiesen.

Und heute?

Viele Jahre hat dieses Konzept seinen Dienst getan. Heute, wo nicht nur verschiedene Staaten, sondern auch Kulturen konfliktiv aufeinander treffen, fällt die Blutarmut dieses Modells auf. Die „offene Gesellschaft“ kann sich nicht inhaltlich begründen, sie lehnt eine solche Begründung ja auf militante Weise ab. Sie kann sich somit auch ihren eigenen Bürgern nicht erklären (ausser in dem einzigen Motiv, dass damit der Totalitarismus abgewehrt werde).

Und sie ist eine ausgesprochen schwache Basis, wenn junge Menschen nach einem Ort suchen in der Gemeinschaft. Sie möchten sich engagieren, sich einreihen in eine Bewegung, wo sie ihr Tun, wie klein es auch sein mag angesichts der Weltprobleme, als sinnvollen Beitrag erleben. Aber der Staat hat keine Meinung, die Kirche wird wie eine potentiell-totalitäre Organisation zurückgebunden, und der Freiraum wird von der Werbung aufgefüllt mit den Gütern einer Wirtschaft, die die äusseren Bedürfnisse auf historisch einmalige Weise befriedigt, aber die inneren Bedürfnisse leer lassen muss.

Der weltanschauliche Skeptizismus (nicht die philosophische Skepsis) stammt eigentlich aus dem Arsenal des „Kalten Krieges“. Es ist eine Waffe, die jetzt entschärft werden kann und muss. Denn heute reicht es nicht mehr aus, potentiell totalitäre Ideologien in Schach zu halten. Aufbauen ist ebenso wichtig oder fast wichtiger geworden als niederhalten.

Und die Kirche?

Wenn die Kirche aus dieser Sackgasse herauskommen will, muss sie die Mitschuld am Totalitarismus, wo dieser besteht, bekennen und Redeformen entwickeln, die die absoluten Gehalte religiösen Heils symbolisch vermitteln.

Die Antwort kann nicht in einer Relativierung der Heilsaussagen bestehen, so dass man im Gottesdienst nur noch vom „Nazarener“ spricht oder den Gottesbegriff ganz aufgibt, wie ein pensionierter Pfarrkollege kürzlich in einer Zeitung forderte. Ein Jesus, der nicht mehr mit Gott zusammengedacht wird, kann vielleicht als moralisches Vorbild dienen. Aber er wird nicht die Welt retten. An ihn werden sich keine Gebete richten, mit denen die Gläubigen leben und sterben können.

Das „Heil“ im religiösen Sinn ist kein empirischer Zustand, den man jetzt verkleinern müsste, um dem Totalitarismusvorwurf zu entgegen. Es ist eine Glaubenszusage, auf die hin Menschen die Kraft finden, am Morgen aufzustehen, auf ihre Aufgaben zuzugehen, auch Krankheit und Schicksal zu ertragen, in der Hoffnung, dass es auch für ihr Leben einst ein „Ankommen“ geben wird.

Das Heil tendiert zwar auf eine Verwirklichung in der empirischen Welt, aber es geht in dieser nicht auf. Das „Reich Gottes“ wird nicht in einer Fortschrittsgeschichte erstritten, es ist gewissermassen ein Grenzwert für alle Geschichte, wo diese hinstrebt, aber doch nie hingelangt. Denn wenn Gott es heraufführt, endet die Geschichte, und die Wirklichkeit verändert sich. So motiviert es das menschliche Tun, ist aber immer auch sein Korrektiv, die kritische Instanz, von der alle Gesellschaftsentwürfe kritisiert werden können und müssen.

Die geforderte Kleinhaltung der Kirche betrifft den weltlichen Herrschaftsanspruch, der früher religiös legitimiert worden war. Er betrifft nicht die theologischen Aussagen. So können wir Gott wieder „Gott“ sein lassen und eine Brücke bauen zur traditionellen Christologie. So können wir wieder eine Kirche werden, die den Namen „christlich“ verdient.

Eine solche selbstgewisse Lebensweise im Konzert der Kulturen wird dann auch von andern bemerkt werden. Und gefragt nach den Werten des „Westens“ können wir dann mehr sagen, als dass wir gegen den Totalitarismus sind. So notwendig dieses Bekenntnis gerade heute auch wieder ist.

 

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14 Kommentare
  • Silas Deutscher
    Gepostet um 12:52 Uhr, 01. März

    Bravo. Danke!

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  • Anonymous
    Gepostet um 13:44 Uhr, 01. März

    letzter Abschnitt! gut gesagt.

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  • Felix Geering
    Gepostet um 14:00 Uhr, 01. März

    Exzellente Analyse. Zwei Kommentare von mir:

    Zu einen:
    „Dass der Glaube bei der Entwicklung von Kindern und Jugendlichen und bei der Formung von Identitäten nicht mehr wesentlich beteiligt ist, ist für die Zukunft dieser Gesellschaft aber unannehmbar.“

    Korrekt. Tatsächlich sind die religionskritischen Atheisten sehr religiös – sie glauben nämlich, dass KEIN Gott ist. Das ist a) ein unbeweisbares Dogma, und b) ein Glaube in Reinkultur. Atheismus hat alle Zeichen einer Religion und hat eine grosse integrative Wirkung in unserer Gesellschaft – nur würde das niemand zugeben.

    Dass aber der Atheismus als „Religion mit Absolutheitsanspruch“ ebenfalls abgewirtschaftet hat, sehen wir daran, dass wir im postfaktischen Zeitalter angekommen sind. Nicht mehr die Fakten sind wichtig, sondern wie wir sie sehen. Das stimmt übrigens mit der Physik überein: Es gibt kein Betrachten, kein Messen, ohne dass das betrachtete Objekt manipuliert wird.

    Zum zweiten:
    „Die Antwort (der Kirche) kann nicht in einer Relativierung der Heilsaussagen bestehen…“

    Exakt. Ich wünsche der Kirche als Institution und den Christen als real existierende Menschen ganz viel Mut, fröhlich und öffentlich das Reich Gottes unter uns und Christus in uns zu feiern. Denn unsere Aufgabe ist es, Salz und Licht zu sein. Salz durchdringt die Suppe, indem es sich auflöst. Licht bekämpft nicht die Dunkelheit, sondern scheint einfach sich selber in de Welt hinaus.

    Dann kann Jesus den Menschen zurufen: „Komm und sieh!“

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  • michael vogt
    Gepostet um 20:31 Uhr, 01. März

    mit der linken hand frage ich nach der entwicklung des menschlichen bewusstseins. jean gebser sagt, wir lebten in einer zeit der mutation des rationalen zum arationalen. das bedeutet eine freie beziehung zu rationalen und praerationalen inhalten. dieser logik entspricht es, dass die entwicklung und identität von kindern und jugendlichen nicht mehr von e i n e m glauben geprägt ist und dass sie nicht nur in e i n e r religiösen und nicht nur in der religiösen kultur verankert sind. gerade so geschieht die integration in die weltweite gesellschaft. „als ich erwachsen wurde, tat ich ab, was kindisch war.“ (1kor 13.11, entpatriarchalisiert). auch das wort gott ist stückwerk. und ob jesus kategorial anders ist, muss sich im religionsoekumenischen dialog erweisen. ich glaube eher nicht. dem arationalen bewusstsein entspricht es auch, dass nicht e i n e person bestimmend ist, sondern eine gruppe, zb die „gruppe“ derer, die die religionen und nicht-religionen begründet und repräsentiert haben. dass dieses ineinander von allem (1kor 15.28), diese aufhebung der dualismen (jean gebser) gut ist, ist darin begründet, dass in der vereinigung von leben und tod der tod in leben verwandelt wird und dieses an lebendigkeit zunimmt. dies sehen wir tatsächlich in der geschichte von christus, wie sie im neue testament erzählt wird. aber nicht vollständig und nicht nur dort. das schliesst nicht aus, dass die pluralität, dh auch die domokratie, an einen ort gelangen kann, an dem gesagt werden müsste, dass wir „ihre bestimmungen und prozeduren“ nicht mehr anerkennen können (vgl die vorangehende diskussion). was dann? antworten kennen wir: kirchenasyl, unterstützung von sans papier. . . die frage ist nicht nur, o b jemand diesen bestimmungen wiederspricht oder sich in ein spannungsverhältnis dazu begibt, sondern w i e . auf die rede von „absoluten gehalten religiösen heils“ reagiere ich mit dem existentiellen gesichtspunkt, dass das heil sich nur verwirklicht, wenn wir zustimmen. im kontext des dialogs der religionen und nicht-religionen würde ich auch nicht sagen, dass „jesus die welt rettet“. und doch glaube ich, dass, wie oben darsgestellt, auch eine tote demokratie – fast ein bisschen als alternative zum „reich meines vaters“ – wieder lebendig werden kann.

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    • Verena Thalmann
      Gepostet um 09:17 Uhr, 03. März

      Lieber Herr Vogt
      wieder einmal staune ich, über ihre interessanten Ausführungen, Ueberlegungen und Anschauungen in ihrem Kommentar.
      Vielen Dank! …..es motiviert zum weiter sinnieren.

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  • Ursina Sonderegger
    Gepostet um 08:34 Uhr, 02. März

    Wirklich exzellent, Danke, Peter Winiger, für diese profilierten Zeilen.

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  • Andreas Imhasly
    Gepostet um 10:37 Uhr, 02. März

    eine eindrücklich-überzeugende Analyse geistesgeschichtl. Entwicklungen, ihrer histor. Begründung wie ihrer ausgeblendeten, aber unverzichtbaren Relativierung! Wieviele Christen beten es unbedacht nach: Religioin ist Privatsache! Wieviele sind dabei, Glaubenswahrheit unter dem Dogmatismusverdacht (schon als geistige Vorleistung) zu relativieren. Und wie Glaube Privatsache ist, ist Kirche ein alter Hut (nur weil sie einem ständig ärgern kann in ihren Verkrustungen). Und was tut man dann, wenn wahr nur ist, was Fakt ist, wenn das post-faktische Zeitalter anbricht ?…..Der Verf. macht darauf aufmerksam, dass man von einer zur Weltanschauung erhobenen Neutralität nicht leben kann. Ich danke für diese ruhig-intensive geistige Klärungsarbeit, die auch der Allzeitwaffe Ironie standhalten wird.
    A.Imhasly

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  • Esther Gisler Fischer
    Gepostet um 14:46 Uhr, 02. März

    Ich bin eine jener Pfarrpersonen, welche in einer Predigt lieber vom „Nazarener“ als von Jesus Christus spricht und zudem bin froh um die Relativierung jeglicher Weltanschauung: Es gibt schon längst nicht mehr „das Christentum“, sondern die verschiedensten, meist inkulturierten Christentümer. Gerade in dieser Fasten- und Passionszeit, in der uns unsere kirchlichen Hilfswerke einladen, über unseren eigenen Tellerrand zu schauen, sollten wir uns die Frage stellen, was denn „Heil“ nicht nur für uns, sondern für Menschen auf anderen Kontinenten bedeutet. Jesus Christus erlöst uns nur insofern, als dass wir selbst zu dieser umfassenden Erlösung aus persönlichen Verstrickungen und struktureller Gewalt beitragen. Ich gebe die Gottesidee; -oder besser gesagt, die Idee vom „Reich Gottes“ nicht auf, wenn ich die diesseitig verstehe. Ganz im Sinne von Kurt Marti: unser vater / der du bist die mutter / die du bist der sohn / der kommt / um anzuzetteln / den himmel / auf erden (Kurt Marti)
    Auch die traditionelle Christologie ist nicht mehr sakrosankt, sondern wird herausgefordert durch neue Arten von Theologien, die vielfach aus dem Weltsüden stammen und welche oft von Frauen entworfen werden: https://www.doris-strahm.ch/Strahm_2_02.pdf

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    • Verena Thalmann
      Gepostet um 12:48 Uhr, 03. März

      Liebe Esther
      Ich habe den Text von deinem Link gelesen. Das ist wirklich sehr erfreulich, was da geschieht und wie Frauen diesen Christus neu definieren, finden und heilende Hilfe erfahren.
      Die Frage bleibt mir aber: warum sollte das, was im Text von Herr Winiger erläutert, geschildert und darauf hingewiesen wird, ein Gegensatz dazu sein?
      Wäre es nicht möglich, im Glauben eine gewisse Basis bewahren zu wollen und gleichzeitig solche guten Entwicklungen von Frauen in Afrika und Asien (die leider schlecht und patriarchal christianisiert worden sind) zu befürworten oder sogar fördern zu wollen? Die Frauen haben gekämpft, Wege gesucht, heilendes erfahren und gehen mutig weiter mit einem lebendigen Glauben an Gott und an Christus. Ist es denn so, dass jeder Christ, der nicht explizit gegen das Patriarchat in der Theologie redet oder schreibt, automatisch diese leidvolle Seite einer frauendiskriminierenden Haltung „in Sachen Glauben“ nicht wahrnimmt oder sieht? mit liebem Gruss Verena

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      • Esther Gisler Fischer
        Gepostet um 13:53 Uhr, 03. März

        Liebe Verena
        Diese Fragen musst du eigentlich nicht mir stellen, sondern all jenen Pfarrpersonen, welche jeden Sonntag predigen. Ich habe mich nur auf die „traditionelle Christologie“ bezogen, wie sie Herr WIniger in seinem Artikel erwähnt hat. Auch unser Christentum wird leider mehrheitlich immer noch patriarchal verkündet.
        Freundlich grüsst dich
        Esther.

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        • Verena Thalmann
          Gepostet um 19:17 Uhr, 03. März

          ….nun denn, dann scheint es so, dass ich zuwenig informiert bin darüber, was die traditonelle Christologie genau bedeutet oder wie sie jeweils von Pfarrherren und Pfarrfrauen „gebraucht“ wird. …….und was meinst du mit „unser Christentum“ ?

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  • Esther Gisler Fischer
    Gepostet um 17:29 Uhr, 03. März

    Dass die „offene Gesellschaft“ „eine ausgesprochen schwache Basis (sei), wenn junge Menschen nach einem Ort suchen in der Gemeinschaft.“ bestreite ich. In Bewegungen ausserhalb der etablierten Kirchen wie der Décroissance-Bwegung; jener für ein bedingunsloses Grundeinkommen oder im Engagement für Flüchtlinge und MigrantInnen erlebe ich oft mehr christliches, als in den oft trägen bürgerlichen Kirchgemeinden, wo Themen, wie jene der ökum. Kampagne an der Saturiertheit kratzen.

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  • Corinne Duc
    Gepostet um 14:01 Uhr, 04. März

    Natürlich kann man auch in der Öffentlichkeit über Region sprechen. Dass aber eine Religion nicht als öffentliche Doktrin vertreten werden sollte, ergibt sich einfach aus dem Grundsatz der Meinungs- und Religionsfreiheit. Oder weiter ausgeführt: Weil unter den Bedingungen unseres beschränkten Wissens nicht davon auszugehen ist, dass ein vernünftiger Konsens über partikuläre Doktrine – d.h., ohne Zwang und Nötigung – erreicht werden kann (und natürlich auch nicht mit Gewalt, sei dies Staatsgewalt oder nicht, angestrebt werden soll).
    Dies hat bspw. John Rawls in POLITICAL LIBERALISM (Lecture IV: The Idea of an Overlapping Consensus) sehr umsichtig dargelegt. M.E. sollte dies oder ähnliches unbedingt auch zum Pflicht-/Basisstoff für Theologen und Theologiestudierende gehören.

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  • Mike Chudacoff
    Gepostet um 17:48 Uhr, 14. März

    Ich finde die Ansicht, wonach es unbedingt eine kirchliche Autorität oder den religiösen Glauben (zumindest bewusst) gibt, damit Menschen ethisch handeln oder sich gesellschaftlich engagieren, sich integrieren, nicht ganz realistisch, sondern eher Wunschdenken. Als Mensch, der seit vielen Jahren politisch aktiv ist, kenne ich viele Leute in der Flüchtlingspolitik- oder zB der Umweltbewegung, in der ich selber lange aktiv war. Vielen möchten gar nicht mit der Kirche in Verbindung werden – und brauchen sie als Intitution nicht, um ihr ethischen Handeln selber zu entwickeln. Die Integration von Jugendlichen geschieht zudem durch Beteiligung, nicht alleine durch den Glauben – oder eben, auch ohne Kirche. Mag sein, dass die Frage nach den Sinn und damit nach dem Göttlichen mit der Zeit heranwächst… Ich selber wurde aus mir heraus gläubig und bin der Kirche erst vor einigen Jahren beigetreten. Deshalb erlaube ich mir dieses offenen Worte.

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